Prile-Projekt: Landschaft, Besiedlung, Netzwerke bei Vetulonia

Sicht von Vetulonia auf die Grosseto-Ebene © C. Colombi // C. Colombi

Results

Vorläufige Ergebnisse

Das interdisziplinäre Vorhaben zeichnet sich durch zwei Hauptfragestellungen aus. Zum einen wird der Frage nachgegangen, ob Vetulonia Anlegestellen und Häfen direkt an den Küsten der Bucht des Prile hatte und wo sich diese befunden haben können. Zum anderen wird – in Zusammenarbeit mit dem Institut für Physische Geographie der Freien Universität Berlin – eine Rekonstruktion des Küstenverlaufes des Prile-Sees und dessen Entwicklung angestrebt, um Erkenntnisse zur Ausdehnung, zur Versandung und zur Schiffbarkeit der Bucht in etruskischer Zeit zu gewinnen.

In 2016 und 2017 wurden geomagnetische Prospektionen an verschiedenen Stellen durchgeführt, die auf Grund ihrer Topographie und ihrer bevorzugten Anbindung zur etruskischen Siedlung als mögliche Bereiche für eine Anlegestelle in Frage kamen. Am Ende einer der Hauptstraßen zur Siedlung konnten mehrere antike Strukturen und eine gebogene, monumentale Struktur identifiziert werden. Die Fundstelle - Badia Vecchia - wurde daraufhin Gegenstand einer archäologischen Ausgrabung. Zwischen 2019 und 2023 wurde in vier kurzen Kampagnen ein Abschnitt der monumentalen Struktur sowie zwei Räume erforscht werden. Die Arbeiten bestätigen, dass es sich bei der monumentalen Struktur um eine Mauer aus massiven Steinblöcken handelt, die als Terrassierung für ein dicht bebautes Areal diente. Reste von architektonischen Terrakotten, Gebrauchs- und Feinware, Produktionsabfälle und Hinweise auf Landwirtschaft und Viezucht zeugen von der Vielseitigkeit der Aktivitäten, die in diesem Areal stattfanden. Das Fundmaterial erlaubt zudem eine Datierung der ältesten Phasen des Areals in das 5. Jh. v. Chr. Die Anlage blieb bis in hellenistischer Zeit in Benutzung und wurde zwischen der zweiten Hälfte des 2. und der ersten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. verlassen und zerstört. Die Grabungskampagnen fanden in enger Kooperation mit der Gemeinde von Castiglione della Pescaia und der Soprintendenza Archeologia Belle Arti e Paesaggio per le province di Siena, Grosseto e Arezzo statt. An den Grabung haben Student*innen verschiedener italienischer Universitäten teilgenommen mit der Unterstützung der Associazione Archeologica Culturale Isidoro Falchi von Vetulonia. 

Die östlich der Siedlung in Zusammenarbeit mit der FU Berlin durchgeführten Bohrkampagnen führten erstmals zur Dokumentation antiker Stillwassersedimente in der unmittelbaren Umgebung von Vetulonia. Antike Gewässer schienen sich demnach östlich von Vetulonia bereits seit dem Frühholozän bis in die Zeit der Etrusker und Römer - und an gewissen Punkten bis in die Neuzeit - befunden zu haben. Die Analysen der chemischen Zusammensetzung der Sedimente und ihrer Beschaffenheit führten zudem zur Annahme, dass die Lagune in der Antike in diesem Bereich schiffbar war. 

In den kommenden Jahren sind weitere Grabungskampagnen geplant, um die Deutung der monumentalen Anlage in Badia Vecchia zu präzisieren und ihre Rolle im wirschaftlichen Netzwerks Vetulonia zu verstehen. Ebenfalls soll ein Bohrkern in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Umweltbiologie der Universität Rom La Sapienza palynologisch untersucht werden. 

Medienmitteilungen:

https://www.dainst.org/-/neues-aus-etrurien-erste-grabungskampagne-in-vetulonia-erfolgreich-abgeschlossen

https://www.dainst.org/-/leben-an-der-lagune-bohrungen-und-grabungskampagne-bei-vetulonia-erfolgreich-abgeschlossen

https://www.dainst.org/-/auf-den-spuren-der-etrusker-dritte-grabungskampagne-bei-vetulonia-erfolgreich-abgeschlossen

Publikationen zum Projekt:

C. Colombi, Castiglione della Pescaia (Grosseto), Italien. Auf der Suche nach den Häfen der etruskischen Stadt Vetulonia. Die Arbeiten der Jahre 2016 bis 2018, e-Forschungsberichte 2, 2018, 79–85. https://doi.org/10.34780/c1f9-2c9f

C. Colombi, The Etruscan Harbours of Vetulonia and the Extent of the Prile Lagoon: First Results of a New Research Project, in: A. Sebastiani – C. Megale (Hg.), Archaeological Landscapes of Roman Etruria. Research and Field Papers. MediTo – Archaeological and Historical Landscapes of Mediterranean Central Italy (Turnhout 2021) 93–109

C. Colombi, Auf der Suche nach den Häfen an der Prile-Lagune. Erste Ergebnisse eines neuen Forschungsprojektes, in: M. Engel – F. Stock – H. Brückner (Hg.), Coastal geoarchaeology in the Mediterranean – on the interdependence of landscape dynamics, harbour installations and economic prosperity in the littoral realm. Archaeology and Economy in the Ancient World, Panel 2.3. Proceedings of the 19th International Congress of Classical Archaeology, Cologne/Bonn 2018, Band 5 (Heidelberg 2022) 45–65. https://doi.org/10.11588/propylaeum.897

C. Colombi, Ph. Hoelzmann, V. Del Segato, C. Langwald, »Prile-Projekt« (1. Jt. v. Chr., bes. 6.–1. Jh. v. Chr.). Die Arbeiten der Jahre 2019 bis 2022, e-Forschungsberichte des Deutschen Archäologischen Instituts 2023-1, § 1–19. https://doi.org/10.34780/qf88-pof1 

C. Colombi – V. Del Segato – S. Rafanelli, Vetulonia, la laguna e il territorio, in: M. Arizza – M. Marabottini (Hg.), L’Acqua e gli Etruschi.  Città, infrastrutture e approdi, tra acque interne e marittime. Atti del II convegno, 22–24 marzo 2024, Grotte di Castro. Fonti Etrusche. Storia, Archeologia, Paesaggio 2 (Roma 2024) 122–145. https://doi.org/10.19282/FONTIETRUSCHE-2024