Jasiaquiri in Bolivien

© DAI-KAAK // Heiko Prümers

Forschung

Forschungsziele

Die Tieflandgebiete Südamerikas sind allgemein von der archäologischen Forschung bislang stark vernachlässigt worden. A priori als "kulturfeindliche" Region klassifiziert galten sie als weniger interessant als die Andenregion, deren Hochkulturen im Focus der archäologischen Forschung standen.

Die Erschliessung - oder besser: Abholzung - riesiger ehemals von Regenwäldern bestandener Flächen in Amazonien hat in den letzten Jahrzehnten zur Entdeckung einer Vielzahl neuer Kulturen geführt, deren Bedeutung für die generelle Kulturentwicklung des südamerikanischen Subkontinents bei zunehmender Forschung immer deutlicher wird. Dies betrifft eine Vielzahl von Aspekten, zu denen unter anderem die Domestikation wichtiger Kultigene gehört. Aber auch die Herausbildung von komplexen Gesellschaften, deren landwirtschaftliche Produktion auf fruchtbaren Böden die Erzielung von Überschüssen ermöglichte, wird nicht mehr angezweifelt.

Vor diesem Hintergrund sind die Forschungen des DAI-Projektes in der Region von Baures zu sehen, wobei angesichts des defizitären Forschungsstandes zunächst grundlegende Fragen, wie z.B. die nach zeitlicher Stellung und geographischer Ausdehnung der archäologischen Kulturen, angegangen werden müssen.

Fragestellung

Wie ist die Existenz der Grabenanlagen in jenen 'Ur'-Wäldern zu erklären? Wann wurden sie angelegt und in welcher Beziehung zu einander standen die über ein so großes Gebiet verstreuten Anlagen? Wenn sie zum Schutz von Siedlungen dienten, wofür vieles spricht, wer waren die Feinde und woher kamen sie?

Forschungsgeschichte

Die ersten archäologischen Untersuchungen in der Region unternahm 1981 ein argentinisch-bolivianisches Team unter der Leitung von Bernard Dougherty und Horacio A. Calandra vom Museo de la Plata in Buenos Aires. Während einer Prospektionsreise im Westteil der Provinz Iténez legten sie Sondagen an insgesamt 19 über die gesamte Region verstreut liegenden Fundorten an, bei denen es sich durchweg um durch Kreisgräben begrenzte Siedlungsplätze handelte. In allen fanden sie nur schüttere Siedlungsreste und schlossen daraus, dass die Siedlungen in der Region nur kurzzeitig Bestand gehabt hatten und Wiederbelegungen nur in Ausnahmefällen erfolgt seien. Die an den Fundorten geborgene Keramik gliederten sie in fünf "Phasen", deren Zeitstellung aber unklar blieb, da aus den Sondagen offenbar kein datierbares Material geborgen werden konnte.

In den Jahren 1995-1996 und 2007 war ein von Clark Erickson (University of Pennsylvania) angeführtes Team in der Region von Baures tätig. Sein Interesse galt den zahlreichen obertägig sichtbaren Erdwerken (Dämme, Kanäle, Fischreusen). Rund hundert Grabensysteme wurden im Zuge des Projektes kartiert und beschrieben, Ausgrabungen jedoch nicht vorgenommen.

Zu Beginn unserer Arbeiten in der Provinz Iténez existierte kein chronologisches Grundgerüst, noch war eine Differenzierung von Kulturen oder Kulturelementen in geographisch abgrenzbare Subregionen möglich.

Übersichtskarte mit der Lage des Fundortes Jasiaquiri. © DAI-KAAK // H.-P. Wittersheim / Heiko Prümers
Satellitenbild des Fundortes Jasiaquiri mit eingezeichneten Gräben und Grabungsschnitten. © DAI-KAAK // Heiko Prümers
DTM der "Waldinsel" von Jasiaquiri auf der Grundlage terrestischer Vermessung. © DAI-KAAK // Heiko Prümers
Vermessung des Ringgrabens von Jasiaquiri. © DAI-KAAK // Carla Jaimes Betancourt
Anthropomorphe Graburne. Phase Irobi (1300-1600 n.Chr.). © DAI-KAAK // Heiko Prümers
Halskette aus Tierzähnen. Grabbeigabe. Jasiaquiri. © DAI-KAAK // Heiko Prümers
Grab der Phase Jasiaquiri (ca. 300-500 n.Chr.). Am Fussende Spinnwirtel als Grabbeigaben. © DAI-KAAK // Heiko Prümers
Spinnwirtel der Phase Jasiaquiri (ca. 300-500 n.Chr.). © DAI-KAAK // Heiko Prümers