Hellenistisches Herrscherporträt aus dem Iran

Das rekonstruierte Herrscherporträt vor dem Satellitenbild des nördlichen Khuzestan, Iran. Unter Verwendung eines 3D-Modells von Simon Deggim und einer Kartengrundlage von Google Earth Pro: Nördliches Khuzestan, Iran 32°25'02.43" N 49°21'59.48" O, Höhe 181,17 km, © Image Landsat/Copernicus © DAI Eurasien-Abteilung // Gunvor Lindström, Simon Deggim

Forschung

Fragestellungen

In der historischen Forschung zum Hellenismus werden Fragen der herrscherlichen Selbstdarstellung immer wieder diskutiert. Wie wurden die hellenistischen Herrscher dargestellt, wo standen ihre Statuen, wer ließ sie aufstellen und welche Funktion hatten diese Porträts? In diesem Zusammenhang ist das Porträt des hellenistischen Herrschers aus Kal-e Chendar von Interesse, weil es zu den wenigen rundplastischen Herrscherporträts östlich des Euphrats gehört. Doch welcher Herrscher war dargestellt und wie wurde er repräsentiert? Frühere Betrachtungen gingen meist davon aus, dass es sich um einen Seleukiden handelte, zu deren Herrschaftsgebiet das Iranische Hochland bis in die Jahre um 140 v. Chr. gehörte. Dabei wurden verschiedene Identifizierungen vorgeschlagen, von Antiochos I. über diverse andere Seleukiden bis Antiochos VII. Aufgrund der großen Unterschiede beider Gesichtshälften wurde sogar verschiedentlich angenommen, es handele sich um zwei unterschiedliche Porträts.

3D-Rekonstruktion

Das Ziel des Projektes war deshalb die Rekonstruktion des Porträtkopfes, der in der Antike offenbar einer damnatio memoriae ausgesetzt war. Dafür wurden der Kopf und die Gesichtszüge mit digitaler 3D-Technologie modelliert und wiederhergestellt und ein entsprechender 3D-Druck angefertigt, der die überraschend jugendlichen Gesichtszüge offenbart. Der rekonstruierte Kopf wurde 2017 dem Nationalmuseum des Iran übergeben, wo er seitdem neben dem Original ausgestellt wird.
Als Grundlage der Rekonstruktion der Gesichtszüge diente ein 3D-Zustandsmodell, das ihm Rahmen des Projektes vom Labor für Photogrammetrie & Laserscanning der HafenCity Universität Hamburg erstellt wurde (Prof. Th. Kersten, Dr. Maren Lindstaedt). An diesem Modell wurden die Formen der besser erhaltenen rechten Gesichtshälfte virtuell gespiegelt und mit der Textur der linken Gesichtshälfte versehen. Aufgebogene und gerissene Bereiche des Gesichtes wurden wieder zurückgebogen und geschlossen. Zum Abschluss des Projektes wurde dem Nationalmuseum des Iran ein digitaler 3D-Polymerdruck des rekonstruierten Kopfes übergeben, der heute Seite an Seite mit dem Original ausgestellt wird.