Baugeschichte und Archäologie mal anders: Bewusstseinsbildung und Capacity Building

NACHWUCHSFÖRDERUNG

Jordanische und syrische Handwerker hinter ihren Werken © DAI, Außenstelle Damaskus // Lisa Berger

31.10.2016 | Außenstelle Damaskus

Trainingsprojektes in Gadara/Umm Qays in Nordjordanien

Stolz stehen 14 jordanische und syrische Handwerker hinter ihren Werken. Es sind schneeweiße Kalksteinquader, Gesimse und Säulentrommeln aus jordanischem Kalkstein. All dies sind die Ergebnisse fast dreimonatiger Handarbeit im Rahmen des Trainingsprojektes in Gadara/Umm Qays in Nordjordanien, das von der Bauforscherin Dr. Claudia Bührig vom Deutschen Archäologischen Institut in Berlin geleitet wird. 

Das Steinmetzhandwerk ist in Jordanien nahezu ausgestorben, hingegen in Syrien noch verbreitet. Durch den Krieg sind viele Menschen ins südliche Nachbarland Jordanien geflohen. Daher lag es nahe, direkt im Umfeld  der antiken Stadtanlage Gadaras eine handwerkliche Fortbildung für Teilnehmer aus beiden Ländern durchzuführen, um gemeinsam dieses wichtige Handwerk in einer steinreichen Region wiederzubeleben und zu erhalten. Mit einfachem Werkzeug – hölzerne Knüpfel, Fäustel, Prell-, Spitz- und Zahneisen – wird der Kalkstein aber auch der härtere Basaltstein wie vor zweitausend Jahren nur mit den Händen bearbeitet und es entstehen wie damals exakte und formschöne Bauelemente. Der praktische Teil wird von dem Steinmetzmeister und Restaurator im Handwerk André Gravert aus Magdeburg und dem Steinmetzgesellen und Bauforscher Tobias Horn aus Weimar angeleitet. Finanziert wird das Training aus den Sondermitteln „Flucht und Migration" des Auswärtigen Amtes.

Parallel hierzu und ebenso aus den genannten Sondermitteln finanziert, werden 17 jordanische und syrische Frauen und Männer als Museums- und Landschaftspädagogen ausgebildet. Museumsleiter und Lehrerinnen, Archäologen, Studentinnen und Dorfbewohnerinnen lernen mehr über Geschichte und Archäologie ihrer engeren Heimat. Unter Leitung des Experimentalarchäologen Dr. Frank Andraschko von der Universität Hamburg und von Dr. Claudia Bührig üben sie sich im Umgang mit Pfeil und Bogen, Speerschleudern, Feuermachen ohne Streichhölzer und anderen prähistorischen Techniken, deren Vermittlung vor allem auf Schulkinder und Touristen zielt. Die Fortbildung ist die Fortsetzung einer im Jahr 2102 begonnenen Initiative zu Bewusstseinsbildung und Capacity Building auf Grundlage nachhaltiger Kenntnisse zur eigenen Geschichte und Umwelt in Umm Qays.

Große Premiere war am 9. Oktober im Regionalmuseum Irbid, wo die Kursteilnehmer eigenständig und in enger Zusammenarbeit mit der ortsansässigen jordanischen Museumsleitung syrische Flüchtlingskinder aus dem nahe der Grenze zu Syrien gelegenen Mafraq sowie eine jordanische Mädchenklasse aus der Provinzhauptstadt Irbid mit großem Erfolg betreuten. An weiteren Aktionstagen wurden über hundert Schulkinder aus Dörfern der näheren Umgebung von Umm Qays mit dem Konzept der Archäologie für Kopf, Herz und Hand vertraut gemacht.

Eine Fortsetzung beider Trainingsprogramme ist für Frühjahr und Herbst 2017 geplant, damit die Teilnehmer am Erhalt und Wiederaufbau der Denkmäler mitwirken und ihren Wert und ihre Bedeutung angemessen an Bevölkerung und Touristen vermitteln können.

 

Kontakt:
Dr. Claudia Bührig
claudia.buehrig@dainst.de

Dr. Frank Andraschko 
frank.andraschko@uni-hamburg.de

Trainingsprogramm für Steinmetze 2 DAI, Außenstelle Damaskus // Lisa Berger
Trainingsprogramm für Steinmetze DAI, Außenstelle Damaskus // André Gravert
Cultural mediation for children DAI, Außenstelle Damaskus // Lisa Berger