Projekt: Telamoni (Stützfiguren) am Olympieion von Agrigent

PRESSEMITTEILUNG

Ein aus 15 Blöcken zusammengesetzter Telamon © DAI ROM // H.-J. Beste

29.02.2024 | Abteilung Rom

Am 29. Februar, wird im Parco Archeologico della Valle dei Templi di Agrigento ein vom Olympieion stammender Telamon (Stützfigur) aufgestellt, der von einer Stahlkonstruktion getragen wird.

Agrigento – das Akragas der Griechen und Agrigentum der Römer oder arabisch Kerkent und im Mittelalter Girgenti oder im heutigen Dialekt Giurgenti genannt, um ab 1926 wieder Agrigento zu heißen – wurde 581 v. Chr. als Kolonie von Gela aus, unter Mitwirkung von Kolonisten aus Kreta und Rhodos, gegründet.

Das Olympieion (Zeustempel), der einzige sicher identifizierbare Tempel in Agrigento, liegt auf einem flachen, nach Westen ansteigenden Hügel im Süden der Stadt in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer. Nach der Beschreibung bei Diodorus Siculus (XIII 82 und Polybius XI 27) begann der Bau des Tempels nach dem Sieg über die Karthager bei Himera 480 v. Chr. Schon 406/405 wurde bei der Einnahme der Stadt durch die Karthager wieder zerstört.

Der bedauernswert schlechte Zustand des einstigen Monumentalbaus – heute präsentieren sich dem Besucher nur noch wenige Mauern – sind nicht nur auf Zerstörungen im Altertum und allgemein auf den Zahn der Zeit zurückzuführen, er ist vielmehr das Ergebnis neuzeitlicher Zerstörungen. So wurden viele Quader des Tempels im 18. Jh. für den Bau der Mole des Hafens von Porto Empedocle abtransportiert.

Der Bau mit einem Fundamentrechteck von ca. 56 x 113 m (was nicht ganz den Maßen eines Fußballfeldes entspricht) ist eine der originellsten, aber auch abstrusesten Schöpfungen der griechischen Welt.

In den Jahren 2005-2007 wurde die Abteilung Rom des Deutschen Archäologischen Instituts von Seiten des Parco Archeologico della Valle dei Templi di Agrigento als Gutachter für eine Herrichtung des Tempelareals eingeladen, so dass sich die Gelegenheit ergab, sich mit der Tempelruine auseinanderzusetzen.

Nicht nur wegen seinen Eigentümlichkeiten erweckt der Bau bis heute große Aufmerksamkeit, auch seine Forschungsgeschichte ist äußerst interessant. Goethe äußert sich auf seiner Sizilienreise 1787 wenig begeistert über den »Schutthaufen der wie die Knochenmasse eines Riesengerippes ausgestreckt da liegt. Wir schieden mit dem unangenehmen Gefühle, dass hier für den Zeichner gar nichts zu thun sey«. Erst 1812 gelang es dem Charles Robert Cockerell in mühsamer Arbeit, eine zwölfteilige Stützfigur – einen Telamon (Atlanten) von über 7 Meter Höhe – zeichnerisch zusammenzusetzen, und so den ersten entscheidenden Hinweis auf die Gestalt des Tempels zu geben. Zwischen 1817 und 1825 wurde auf Betreiben des örtlichen Cicerone Raffaello Politi im Inneren des Tempels ein Telamon zusammengelegt, der sich seit 1965 im Archäologischen Museum (Piero Griffo) befindet.

Die graphische Dokumentation der einzelnen Blöcke, aus denen sich die Telamoni zusammensetzen, zeigt, dass sie keineswegs einheitlich gearbeitet sind. Zwar ist die Höhe der 13 Blöcke mit 58-63 cm relativ einheitlich, so dass für einen Telamon eine Gesamthöhe von ca. 8,00 m angenommen werden kann. Das Volumen der einzelnen Telamoni ist jedoch sehr unterschiedlich, so dass man die einzelnen Blöcke, aus denen sie sich zusammensetzen, nicht willkürlich austauschen kann, wie es 1821 bei der ersten Rekonstruktion eines Telamon geschah, als man die Blöcke im Bereich der Beine mit einer Steinaxt anpasste. Insgesamt konnten 93 Teile von 5 verschiedenen Telamoni nachgewiesen werden.

Am heutigen 29. Februar 2024 wird im Archäologischen Park von Agrigent ein solcher Telamon eingeweiht, der von einer Stahlkonstruktion getragen wird.

Arbeitsmodell vom Tempel DAI ROM // G. Ferrandino, St. Pagano, G. Pallaro, B. E. Pérez Villalòn
Luftbild vom Tempel und seine Umgebung aus dem Jahr 1965 DAI ROM // H. Schläger
Position eines Telamons zwischen zwei Säulen in der Seitenansicht (Bleistiftzeichnung) DAI ROM // M. Schützenberger

Kontakt
Dr.-Ing. Heinz-Jürgen Beste
Heinz.Beste@dainst.de

DAI Pressestelle
Podbielskiallee 69
14195 Berlin
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Parco Archeologico e Paesaggistico della Valle dei Templi di Agrigento