Die Siedlung des Alten Reiches nördlich des Taltempels der Knickpyramide in Dahschur

Nördlich des Taltempels der Knickpyramide liegt eine ausgedehnte Siedlung, in der mehrere Häuser errichtet sind. Ihre Wände bestehen aus Lehmziegeln, sind teilweise verputzt und bemalt. Die Gebäude datieren in die frühe 4. Dynastie und sind im Kontext des Pyramidenbau-Prozesses zu interpretieren.

Blick von Nordosten auf den nördlich des Taltempels gelegenen Garten und das Lehmziegelgebäude. Die Lehmziegelmauer rechts im Bild ist eine moderne Restaurierungs- und Schutzmauer. Links der steinerne Taltempel, im Hintergrund die Knickpyramide. © DAI Kairo // J. Pinke

DAI Standort  Abteilung Kairo

Projektverantwortlicher  Dr. Clara Jeuthe

Adresse 

Email  Clara.Jeuthe@dainst.de

Projekt-ID  5726

Überblick

Die durch eine in 2013 durchgeführte geophysikalische Untersuchung entdeckte Siedlung erstreckt sich über eine Fläche von ca. 350 × 200 m. Bei ersten Grabungen wurden die Überreste zweier Häuser freigelegt, deren Wände aus Sand- und Lehmziegeln bestehen, die mit Nilschlamm und kalkhaltigem Putz versehen sind. Zum Teil sind die Wände bemalt. Während sie weiß bzw. im Sockelbereich schwarz gestrichen waren, erhielten die Decken einen roten Anstrich. In einem der Räume wurden zudem drei Säulenbasen aus Kalkstein entdeckt, die einst Lotussäulen trugen. Beide Gebäude besitzen einen offenen Hof mit fünf bzw. sechs Speichern, was auf eine längere Nutzungsperiode der Häuser hindeutet, boten sie seinen Bewohner*innen doch geeig­nete Infrastrukturen, um ihre eigene Lebensmittelproduktion zu gewährleis­ten. Der Großteil der Funde steht im Zusammenhang mit der Produktion, Aufbewahrung und dem Verzehr von Lebensmitteln. So findet sich eine große Anzahl an Keramik, pflanzlichen Resten, Asche sowie Tierknochen und -zähnen, aber auch Fragmente von Reibschalen und Feuersteingeräten, ebenso wie Kupferobjekte, Artefakte aus Holz, Steingefäße sowie Fayenceperlen und -einlagen. Zu den außergewöhnlicheren Funden zählen das Fragment eines Armreifs aus Elfenbein, eine Siegelabrollung, ein Malachitbröckchen und eine knapp 20 cm große, versteinerte Flügelschnecke. Die Gebäude dürfen ihrer Dimensionen als auch Ausstattung nach durchaus als gehobene Wohnhäuser gedeutet werden. Den Keramikfunden zufolge datieren die zwei Häuser in die frühe 4. Dynastie, was nahelegt, sie im Kontext des Bauprozesses der Pyramiden zu interpretieren. Da sich in den bislang ergrabenen Räumen nur wenige Nutzungsspuren finden ließen, ist davon auszugehen, dass die Häuser planmäßig verlassen wurden.

Steinkern einer vermutlich eozänen Flügelschnecke Einen kuriosen Fund stellt eine knapp 20 cm große, versteinerte Schnecke dar, die in Haus 2 entdeckt wurde. Bei diesem Steinkern aus dem Eozän handelt es sich um einen Vertreter der Flügelschnecke (strombidae) und es ist anzunehmen, dass dieses fossile Tier damals als ein sehr bedeutungsvolles Objekt verstanden wurde. © DAI Kairo // B. Ezzat
Hölzerner Schlägel Aufgrund der Lage Dahschurs am Wüstenrand haben sich in der Siedlung eine Reihe von Objekten aus Holz erhalten. Neben diesem Schlägel (ein keulenförmiger Holzhammer), kamen bspw. auch ein hölzernes Tablett und ein Meißel zutage. © DAI Kairo // B. Ezzat
Fußabdruck im Schlamm Dieser Fußabdruck kam, zusammen mit weiteren Fuß- und Händeabdrücken, circa 30 cm unter dem Fußboden eines Raumes in Haus 1 zutage. Die Abdrücke können als klarer Beleg dafür gesehen werden, dass hier bereits vor der Errichtung des Hauses gewisse Aktivitäten stattfanden. Vielleicht wurden hier die Lehmziegel produziert, die man für den Bau des südlich gelegenen Kultbezirkes mit Garten benötigte. © DAI Kairo // A. Eller
Blick auf die Silos und den offenen Hof in Haus 1 In Haus 1 wurden im nördlichen Areal ein offener Hof mit sechs Silos entdeckt. Sie haben einen Durchmesser von gut 2 Metern und wurden vor dem Verlassen des Hauses gelehrt. Im angrenzenden Hof fand vermutlich das Mahlen und die Verteilung des Getreides statt. Die Existenz der Silos darf wohl als Indiz für eine längere Nutzung des Gebäudes gedeutet werden – immerhin wurde hier eine Infrastrukturanlage geschaffen, die den Bewohnern des Hauses ihre eigene Lebensmittelproduktion ermöglichte. © DAI Kairo // J. Pinke
Reste dreier Kalksteinbasen für Lotussäulen. Diese drei Säulenbasen bestehen aus Kalkstein und sind von einer kreisförmigen Schicht aus einer Art Mörtel umkleidet. Nach den Eindrücken auf den Säulenbasen in Form eines dreiblättrigen Kleeblatts, trugen die Basen einst Lotussäulen. Die Säulen selbst bestanden wahrscheinlich aus Holz und haben sich nicht erhalten. Vermutlich wurden sie bei der Aufgabe des Hauses absichtlich entfernt, um andernorts wiederverwendet zu werden. © DAI Kairo // T. Lyons
Vorläufiger Plan von Haus 1 und dem westlichen Bereich von Haus 2, Wände mit Kalkputz rot markiert. Der Grundriss von Haus 1 ist nach zwei Grabungskampagnen mehr oder minder vollständig bekannt. Im westlichen Bereich ist ein fast als labyrinthartig zu bezeichnender Komplex erkennbar, der den Kern des Gebäudes darstellt und über einen mehrfach abgeknickten Korridor von Nordosten her zu erreichen war. Im östlichen Bereich scheinen sich offene Räumlichkeiten befunden zu haben, im Norden schließt sich ein offener Hof mit Speichern an. Von Haus 2 wurde bislang nur der westliche Bereich erschlossen, auch hier sind allerdings schon Räume, Korridore und Silos erkennbar. Die rot markierten Wände markieren die mit Kalkputz und Farbe versehenen Wandteile. © DAI Kairo // L. Rees, A. Grünberg, C. Breninek, D. Rosenow
Ergebnis der geomagnetischen Prospektion im Areal nördlich des Taltempels der Knickpyramide. Im Bereich des Gartens sind die Pflanzengruben als schwarze Punkte erkennbar. Nördlich davon erstrecken sich die ausgedehnten Siedlungsreste, in denen einzelne rechteckige und quadratische Parzellen sichtbar sind, die orthogonal angelegt wurden. © DAI Kairo