Skulpturen aus Kal-e Chendar, Iran

Kal-e Chendar/Shami. Ansicht des Fundorts von Südwest © Vito Messina, ICAR and CRAST // Vito Messina

Ergebnisse

Forschung in schwierigen Zeiten - Fokussierung auf kunsthistorische Fragen

Die Pandemie und die politische Lage im Iran behindern die Untersuchungen der Skulpturen in Teheran. Doch konnten die im British Museum verwahrten Kleinfunde aus Kal-e Chendar untersucht werden. Wie sich herausstellte, sind darunter 14 Bruchstücke von Bronzestatuen. Davon sind die meisten zwar so klein, dass sich nicht bestimmen lässt, zu was für Statuen sie ursprünglich gehörten. Dennoch lieferten sie eine wichtige Information. Denn im Unterschied zu den für die Museumspräsentation restaurierten Statuen und Fragmenten im Nationalmuseum des Iran sind diese Bruchstücke nur leicht gereinigt worden – der Sinter, mit dem sie durch die Lagerung im Boden überdeckt sind, wurde nicht entfernt. Auch die Bruchkanten sind von diesen mineralischen Ablagerungen bedeckt, woraus gefolgert werden kann, dass die Bronzen offenbar bereits in der Antike zerschlagen wurden und nicht erst von den Siedlern, welche 1935 beim Hausbau auf die Skulpturen gestoßen waren.
Weil die aktuelle politische Situation die Studien der in Teheran befindlichen Originale, darunter die geplanten archäometrischen Untersuchungen, unmöglich gemacht hat, fokussiert das Projekt nun auf die kunsthistorische Einordnung der Skulpturen. Dabei geht es unter anderem darum, den stilistischen Unterschied zwischen Figuren in „griechischem“ und solchen in „iranischem“ Stil zu erklären. Dieser wird am besten durch die Gegenüberstellung der beiden Herrscherporträts dieses Fundkomplexes deutlich, lässt sich aber auch an anderen Statuen aus Kal-e Chendar beobachten. Es stellt sich die Frage, ob diese Unterschiede zeitlich bedingt und letztlich darauf zurückzuführen sind, dass „griechischer“ Stil nach der Eroberung Persiens durch die Parther nicht mehr als opportun galt bzw. die entsprechend geschulten Bildhauer keine Aufträge mehr erhielten? Oder liefen „griechische“ und „iranische“ Stilströmungen nebeneinander und waren also gleichzeitig? In diesem Kontext wurde auch „griechische“ Plastik anderer persischer Fundorte untersucht, zu denen Reliefbruchstücke aus Denavar in der heutigen iranischen Provinz Kermanshah gehören. Aufgrund ihrer griechischen Ikonographie galten sie stets als Werke der seleukidischen Zeit, doch konnten sie nun ins 1. Jh. v. Chr. umdatiert werden, als Persien bereits Teil des Arsakiden- bzw. Partherreiches war. Die Reliefs belegen also, dass „griechische“ und „iranische“ Stilströmungen nebeneinander existierten und in griechischem Stil arbeitende Bildhauer und Werkstätten bis weit in parthische Zeit fortwirkten.