Chifumbazi und Archivalien der Sammlung Carl Wiese

Ausschnitt der Karte: Rugg, Rowland – Wiese, Carl, Ruggs New Map Of The Western Nyassaland Goldfields : Specially Illustrating The Explorations Of Carl Wiese From 1885 To 1891, Shewing His Routes, Trading Stations And The Localities Of The Old Portuguese Gold Fields Of Northern Zambesia ... Including The Portuguese Statistics Of The Maravia Gold Exportations For The Years 1810, 1830, And 1835 / By Rowland Rugg, Geographical Specialist To The Late Geographer To The Queen ; Drawn & Lith By R. Rugg. Rugg’s Gold Field Series: No. 8. Forster Groom, 1892. Original und gigitale Bereitstellung: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) [Altkt U I [3] 3/13]. © Original und digitale Bereitstellung: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) [Altkt U I [3] 3/13]. // Rugg, Rowland; Wiese, Carl

Raum & Zeit

Die Sammlung Carl Wiese, die sich heute im Ethnologischen Museum in Berlin befindet, besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher Artefakte. Der überwiegende Teil der Sammlung ist auf die Aktivität Wieses als Sammler ethnographischer „Curiositäten“ in Mozambik, Sambia, Malawi und Zimbabwe zurückzuführen. Auf seinen Reisen gelangte Wiese auch in Regionen, die bis dahin noch kaum oder gar nicht von Europäern bereist worden waren. Nach Wieses Rückkehr von einer portugiesischen Expedition in das Landesinnere, wurde unter anderem eine Karte veröffentlicht, die Wieses ‚Entdeckungen‘ verzeichnet. Ab etwa 1903 hielt unterhielt Wiese einen Minenbetrieb in Chifumbaze, nördlich von Tete. Hier nahm er erste Ausgrabungen unterhalb von Felsbildern vor. Die Funde schickte Wiese, wie auch vorherige Sammlungen, nach Berlin in das Königliche Museum für Völkerkunde. Dessen Direktor war ab 1904 Felix von Luschan. Die Zusammenarbeit zwischen Luschan und Wiese eröffnet die Möglichkeit, zu untersuchen, wie Luschans theoretische Ansätze durch Wiese in die Tat umgesetzt wurden. Ausgestattet mit einer „Anleitung für ethnographische Beobachtungen und Sammlungen in Afrika und Ozeanien“ versuchte Carl Wiese die Wünsche Luschans betreffend Sammlungsgut aus Regionen Südostafrikas zu erfüllen, zu denen das Museum kaum Zugang hatte. Dafür bediente sich Wiese einerseits Beziehungen zu lokalen Eliten. Andererseits warb er andere Europäer vor Ort als Sammler für das Museum an. Die durch die Kolonialmächte Portugal, Großbritannien und Deutschland aufgebauten Transportwege ermöglichten es, die Sammlungen nach Berlin zu bringen.

Insbesondere die Untersuchung der Einflüsse ‚kolonialer‘ Denkmuster steht im Fokus des Projektes. Zwischen 1888 und 1909 war Carl Wiese vor allem in Mozambik, Sambia, Malawi und Zimbabwe aktiv. Mozambique war zu dieser Zeit bereits portugiesische Kolonie; ab 1891 wurde ...

auf dem Gebiet von Sambia, Malawi und Zimbabwe das britische Protektorat Britisch Zentral Afrika gegründet. Zeitlich fallen die Aktivitäten von Wiese in die Phase des Hochimperialismus. Die Gegenden, in denen Carl Wiese aktiv war, wurden deutlich durch die Bestrebungen Großbritanniens, Portugals und Deutschlands gezeichnet, koloniale Herrschaftsstrukturen auf- und auszubauen. Wiese selbst nahm an portugiesischen und britischen Expeditionen teil.

Zugleich prägte der Hochimperialismus auch die wissenschaftliche Wahrnehmung der Sammlung in Berlin. Die Vorstellung von Kulturen des Globalen Südens, die Vertreter der frühen Anthropologie wie beispielsweise Felix von Luschan vertraten, spiegelt deutlich Ideologien wieder, die fest im Kolonialismus verankert waren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Berlin als eine aufstrebende Wissenschaftsmetropole betrachtet. Luschans Anspruch als Museumsdirektor war es, für das Königliche Museum für Völkerkunde eine Sammlung zusammentragen zu lassen, in der Exponate von Kulturen der gesamten Welt ausgestellt werden konnten. Als Carl Wiese im Jahr 1912 verstarb, ging auch das archäologische Material der Ausgrabung bei Chifumbaze in den Besitz des Völkerkundemuseums über. Die Schenkungen von Carl Wiese überdauerten im Depot des Ethnologischen Museums das Ende des deutschen Kaiserreiches, den Zweiten Weltkrieg und die deutsche Teilung weitgehend unbeschadet.