Referat für Naturwissenschaften

Aufgaben und Ziele

Das im Juni 2003 gegründete Referat Naturwissenschaften umfasst vier Arbeitsgruppen mit den dazugehörigen Laboreinrichtungen und Sammlungen und ist der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Berlin angegliedert. Gegenwärtig sind folgende Fachrichtungen vertreten: Archäobotanik, Archäozoologie, Dendrochronologie und Prähistorische Anthropologie. Im Referat werden Analysen an Menschen-, Tier- und Pflanzenresten aus archäologischen Fundstellen vorgenommen, sowie Datierungen und Studien zur Klimageschichte an Holzfunden durchgeführt.

Das Referat Naturwissenschaften versteht sich als wissenschaftliche Einrichtung mit eigenen Projekten und Forschungszielen, die zum großen Teil durch die Mitarbeit und den wissenschaftlichen Austausch mit den Grabungsprojekten aller Abteilungen und Kommissionen des DAI und externen Partnern zustande kommen. Darüber hinaus werden unter Einbeziehung des wissenschaftlichen Nachwuchses eigenständige Forschungen zu bioarchäologischen Themen verfolgt.

Durch nationale und internationale Kooperationen werden genetische, isotopische, morphometrische und andere chemische Analyse kombiniert, um hochauflösende Daten über Mensch-Ernährung-Umwelt-Klima Beziehungen zu rekonstruieren. Das Referat legt einen klaren Fokus auf Interdisziplinarität und koordiniert das DAI-Forschungscluster GroundCheck (Cluster 9) mit einem speziellen Fokus auf Forschung im Bereich Klimawandel.

Die Hauptforschungsthemen im Referat sind die frühen Etappen und die weitere Verbreitung der Landwirtschaft in Eurasien und Nordafrika (inklusive die Domestikation von Pflanzen und Tieren), menschliche und tierische Ernährung im Lauf der Zeiten, seltene Krankheiten (beim Menschen) und Paläoklimatologische Forschung.

© DAI Zentrale // Anonym

Herde von Wollschafen in Süd-Jordanien.jpg

Labor für Archäozoologie

Als Archäozoologie wird die Untersuchung von Tierresten (Säugetiere, Fische, Vögel, Schalentiere und sogar Insekten) aus archäologischen Stätten bezeichnet. Tierskelette bieten durch morphologische, metrische, geochemische und biomolekulare Analysen eine reiche Quelle kultureller und umweltbezogener Informationen über vergangene menschliche Gesellschaften und ihre Wechselwirkungen mit der Umwelt.

Tiere bilden die Basis von Subsistenzstrategien des Menschen. Tierische Knochen werden normalerweise in Abfallgruben gefunden und liefern wichtige Informationen über die Ernährung des Menschen in der Vergangenheit, z. B. welche Art von Tieren (wild oder domestiziert) gegessen wurden,  über die Nutzung der Tiere als  Milch-, Fleisch- und Faserlieferant oder als Transport- und Zugtier. Tiere wie Hunde und Pferde haben durch ihre Funktion als Jagdbegleiter oder bei der Gestaltung menschlicher Mobilitäts- und Handelsnetzwerke symbolische Bedeutung und werden oft zu Gefährten auch im Tod.

Das Archäozoologie-Labor wurde von  Prof. Norbert Benecke gegründet und beherbergt eine umfangreiche Referenzsammlung von Säugetieren, Vögeln und Fischen sowie seltene bibliografische Ressourcen. Die Mitarbeiter des Labor analysieren Faunenreste aus der ganzen Welt, aus einer Reihe von Kontexten (Tempel, Siedlungshügel und Dörfer) und Perioden (Mesolithikum bis Mittelalter).

Mehr erfahren

Schlafmohn. Foto von Raul Soteras, AgriChange Projekt. © DAI Referat Naturwissenschaften // Raul Soteras

Labor für Archäobotanik

Das Labor für Archäobotanik untersucht Pflanzenmakro- und Mikroreste wie Samen, Früchte, Holz und Pollen aus archäologischen Ausgrabungen und ihre Umgebung.

Die sachgerechte Auswertung solcher Funde liefert Daten, mit denen Fragen der Ernährung, der Entwicklung der Kulturpflanzen, der Landwirtschaft, des Handels, der Nutzung natürlicher Ressourcen und auch der Vegetationsgeschichte und Umweltverhältnisse in vor- und frühgeschichtlicher Zeit beantwortet werden können.

Die Forschungsthemen in der Archäobotanik fokussieren auf die frühen Etappen und die weitere Verbreitung des Ackerbaus in Eurasien und Nordafrika, die Beziehung zwischen Klima und landwirtschaftlichen Strategien im Lauf der Zeiten, und die Untersuchung von Landwirtschaft in Oasen und Wüstengebiete. Für die Durchführung dieser Forschungsthemen werden modernste Techniken wie geometrisch-morphometrische Analyse von Samen benutzt, um den Domestikationsprozess nachweisen zu können, oder stabile Isotopenanalyse, um Landwirtschaftsmethoden und Klima besser zu rekonstruieren. Computerarchäologie wird zur Modellierung von Daten angewendet, um Big-Data-Analysen zu ermöglichen, und damit aussagekräftigere Aussagen über Mensch-Umwelt Beziehungen zu generieren.

//

Mehr erfahren

© DAI // Susanne Asheuer

Labor für Anthropologie

In der Arbeitsgruppe Prähistorische Anthropologie/Paläopathologie werden seit 2008 menschliche Knochen aus archäologischen Grabungen untersucht. Die direkte Einbindung in die neuesten Ausgrabungen des Institutes weltweit ermöglicht die anthropologische Erforschung einer einzigartigen Vielfalt archäologischer Überreste des modernen Menschen vom Neolithikum bis zur frühen Neuzeit.

Die Untersuchungen umfassen physisch anthropologische und besonders paläopathologische Methoden und beantworten Fragen unter anderem zu demographischen Entwicklungen, Bestattungssitten sowie zur Entstehung und Verbreitung von Erkrankungen.

Mehr erfahren

CT Scan des Balkens aus Marinskaja 5. © BHT/DAI Eurasien-Abteilung // Astrid Haibel

Labor für Dendrochronologie und Paläoklimatologie

Das Labor untersucht Holzreste aus archäologischen Ausgrabungen weltweit, daneben in historischen Gebäuden verbautes Holz sowie in Mooren und Flussschottern eingelagerte Hölzer. Die Hölzer bieten die einmalige Möglichkeit der jahrgenauen Datierung von archäologischen Funden und Befunden mithilfe der dendrochronologischen Methoden. Grundlage der Datierung sind lange Mittelwertreihen der Jahrringbreiten, sogenannte Chronologien. Diese werden seit 1966 in unserem Labor für Dendrochronologie für jede Baumart und jede Region separat erstellt, stetig erweitert und aktualisiert. 

Neben den relativ häufig in den Funden vertretenen Eichen konnten auch lange Chronologien für viele weitere Holzarten wie Kiefer, Tanne, Fichte, Buche, Esche und Erle erstellt werden. Derartige Funde und Chronologien liefern auch wichtige Hinweise zu Wetter und Klima und damit zur Umweltgeschichte über weit in die Vergangenheit zurück reichende Zeitabschnitte. Regelmäßig werden Studierende in Vorlesungen und Laborführungen in die verschiedenen Aspekte der Dendrochronologie eingewiesen. Daraus ergeben sich nicht selten Kooperationen zu Graduierungsarbeiten, deren Spektrum von der Archäologie über die Bauforschung bis hin zu Biologie, Klimatologie und Geographie reicht.

//

Mehr erfahren