Uruk (Warka)

Eanna-Zikkurrat in Uruk. Erhalten ist der massive Lehmziegelkern, errichtet von Urnamma (21. Jh. v. Chr.) © DAI Orient-Abteilung // Irmgard Wagner

Ergebnisse

Schwerpunkt der Ausgrabungen in Uruk war über Jahrzehnte die Baugeschichte. Erst in jüngerer Zeit, mit der Aufarbeitung, Interpretation und Publikation der archäologischen Befunde und Funde - aber vor allem auch durch Forschungen in anderen Städten und Regionen Mesopotamiens - kamen kulturelle und historische Gesamtbetrachtungen stärker ins Blickfeld.

Nach wie vor liegen zur Architektur Uruks die meisten Forschungsergebnisse vor. Ein Grabungsschwerpunkt war das Zentrum der Stadt, wo sich die großen Heiligtümer befinden: Das Eanna-Heiligtum der Liebes- und Kriegsgöttin Inanna/Ischtar, das Anu-Heiligtum sowie die Tempel Irigal (Eschgal) und Bit Resch. Das Eanna-Heiligtum entstand Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. und ist bis in die Seleukidenzeit nachzuweisen. Älter sind die Bauwerken der späten Uruk-Zeit (2. Hälfte 4. Jt. v. Chr.), deren Funktion - überwiegend religiös oder überwiegend repräsentativ-administrativ - nach wie vor diskutiert wird.

Das Eanna-Heiligtum wurde in seiner fast 3000-jährigen Geschichte mehrere Male völlig neu angelegt. Neben den frühen Tempelterrassen sind die wichtigsten Baumaßnahmen der Neubau unter den Herrschern der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.) und die neubabylonische Erneuerung des Heiligtums (8./7. Jh. v. Chr.) sowie die umfassende Neugestaltung unter den Seleukiden. Die Grundstruktur des Heiligtums blieb jedoch immer ähnlich: Es stand jeweils eine Zikkurrat (Hochterrasse mit Tempel) im Zentrum der Bauanlage, die von verschiedenen Höfen umgeben war. Funktionale Bereiche sowie weitere kleine Tempel waren als schmale Räume in die Hofmauern eingebaut (sog. Zingelanlagen). Bereits die Tempelterrassen und Kultanlagen der 1. Hälfte des 3. Jt. v. Chr. (Schichten der "Archaisch I-Periode") sind im wesentlichen nach diesem Schema gebaut, doch können aus dieser Zeit keine Zikkurratbauten nachgewiesen werden.

Tontafeln aus der neubabylonischen / achämenidischen Anlage sowie aus benachbarten Wohnhäusern erlauben einen tiefen Einblick in die Wirtschaft des Heiligtums dieser Zeit.

In der seleukidischen Zeit wurde die Zikkurrat noch einmal vergrößert, dabei jedoch die alte Hofstruktur aufgegeben. Dafür errichtete man der Göttin Ischtar und ihren Begleitgöttinnen im Südwesten einen monumentalen neuen Tempel, das Irigal (Eschgal). Es bestand aus einem aus Backsteinen gebauten Tempel mit der Hauptcella für Ischtar und Nebencellae für weitere Götter sowie Höfen, die anderen religiösen Zwecken, aber auch der Verwaltung der Tempelwirtschaft dienten.

Die "Tempel" bzw. profanen Repräsentationsbauten des ausgehenden 4. Jt. v. Chr. (Schichten der "Späten Uruk-Zeit") waren nach völlig anderen Gestaltungskriterien errichtet. Im Zusammenhang mit diesen Bauten und ihren Zerstörungsschichten fanden sich die ersten Schriftzeugnisse, frühe Rollsiegel und Steinskulptur. Die Architektur und Kultur der "späten Uruk-Zeit" wurde großflächig erstmals in Uruk bekannt und daher nach diesem Ort benannt. Die Forschungen hierzu bleiben wegen der großflächigen Freilegung dieser Schichten nach wie vor einzigartig. Bemerkenswert sind die Fassaden mehrerer dieser Bauwerke. Sie wurden mit Mosaiken aus Tonstiften, bei einem Gebäude auch aus Steinstiften geschmückt.

Im Bereich der "Anu-Zikkurrat" wurden durch Tiefgrabungen Schichten des ausgehenden 5. Jt. v. Chr. erreicht ("Späte Ubaid-Zeit"). Erste kleine Tempel deuten die lange Kulttradition an dieser Stelle an. Aus dem ausgehenden 4. Jt. v. Chr. stammt die sog. "Anu-Zikkurrat", auf der - als einziger Zikkurrat im Vorderen Orient - die Reste eines Tempels erhalten waren ("Weißer Tempel"). Die Anu-Zikkurrat wurde später überbaut, im 7. Jh. schließlich als Zikkurrat erneuert und in der seleukidischen Zeit in einen monumentalen Tempelkomplex für den Himmelsgott Anu einbezogen. Hierfür wurde nordöstlich das monumentale Bit Resch errichtet, wo Anu und seine Gemahlin Antum ihre Cellae hatten. Zahlreiche Tontafelfunde dieser Zeit geben einen Einblick in das religiöse und wirtschaftliche Leben der Stadt.

Im Westen der Stadt legte König Sinkaschid im 19. Jh. v. Chr. einen Palast an, der mit seinen ca. 15.500 Quadratmetern Fläche zu den größten Palästen Mesopotamiens gehört. Der Bau diente ihm und seinen Nachfolgern als Residenz und Wirtschaft-/Verwaltungszentrum, bis er im 11. Regierungsjahr Samsu-Ilunas von Babylon (18. Jh. v. Chr.) zerstört und nie wieder aufgebaut wurde. Seitdem diente er als "Steinbruch" für Ziegel wie auch der gesamte Westteil der Stadt vor allem für Produktionsstätten genutzt wurde. Zahlreiche Tontafeln, aber auch andere Funde erlauben es, die verschiedenen Funktionsbereiche des Palastes zu interpretieren, d. h. den eigentlichen Residenzbereich von Magazintrakten für wertvolle Güter oder den Thronsaalbereich von eher administrativ genutzten Palastteilen zu unterscheiden.

Neben den Ausgrabungen in den Tempel- und Palastbereichen wurden auch Wohnviertel, insbesondere des ausgehenden 3. Jt. und beginnenden 2. Jt. sowie des 1. Jt. v. Chr. untersucht, die informativen Einblick in den privaten Wohnhausbau und das Leben der Bewohner geben. Die jüngsten Baureste stammen aus der parthischen und sasanidischen Zeit (2. Jh. v. Chr. bis 4. Jh. n. Chr.

In der parthischen Zeit (2. Jh. n. Chr.) errichtete man im Südosten der Stadt einen kleinen Tempel aus Backstein, der einer Inschrift zufolge einem Gott Gareus geweiht war. Die Gottheit ist ansonsten unbekannt. Der Tempel ist bemerkenswert, weil er deutliche Anleihe an Tempelformen der römischen Architektur nimmt und zudem auf stark befestigten Terrassenmauern und offenbar in befestigten Umfassungsmauern stand. Die Gemeinschaft der Dollamener, die vielleicht aus der bei Strabo genannten Landschaft Dolomene in der Region von Erbil im Nordirak stammten, hatte sich hier eine Enklave eingerichtet.

Uruk war spätestens seit dem 3. Jt. v. Chr. von einer Stadtmauer umgeben, die in der gesamten Besiedlungszeit respektiert wurde. Die ca. 9 km lange Mauer ist noch immer, zumindest in ihren Fundamenten, teilweise aber auch hoch anstehend, in voller Länge erhalten, jedoch bisher nur punktuell untersucht. Sie entstand in der ersten Hälfte des 3. Jt. v. Chr. und wurde immer wieder ausgebessert. Die letzte schriftlich nachgewiesene Reparatur stammt aus dem 18. Jh. v. Chr., die Mauer spielte jedoch bis in die seleukidische Zeit eine große Rolle. Sie besteht aus mindestens zwei Mauerringen, dessen innerer mit Halbkreistürmen verstärkt ist.