Forschung
Forschungsgeschichte
Aufgrund seiner unzugänglichen Lage, fehlenden Infrastruktur und einer problematischen Sicherheitslage bleibt der Khawlan bis heute eine kaum erforschte Kulturlandschaft. Die wenigen Untersuchungen, vor allem im 20. Jahrhundert, konzentrierten sich fast ausschließlich auf die Randbereiche des Khawlan. So untersucht die Außenstelle Sanaa im äußersten Osten des Khawlan, am Übergang vom Bergland zu den Wüstenrandgebieten seit Jahren das religiöse Zentrum des sabäischen Reiches Sirwah. Weitere Forschungen im Khawlan erfolgten in den westlichen Gebieten unweit der jemenitischen Hauptstadt Sana'a.
Die frühesten archäologischen Beobachtungen machte in den 1930er Jahren der Hamburger Geograph Carl Rathjens in Ghayman, wo er die Überreste der frühhimyarischen Stadtanlage beschrieb und teilweise skizzierte. Der Aufforderung der jemenitischen Regierung, in den dortigen antiken Grabanlagen Ausgrabungen durchzuführen, kam er nicht nach. Die daraufhin unter dem Iman vorgenommenen, aber nicht dokumentierten Grabungen brachten Bronzeplastiken zutage, die deutliche mediterrane Stilelemente aufweisen und bis heute zu den wichtigsten Objekten dieser Epoche zählen. 40 Jahre später besuchte im Jahre 1970 die Deutsche Jemen Expedition mit dem Epigraphiker Walter W. Müller einige Fundplätze der Region. Zu diesen zählte Tan'im, wo es gelang, zahlreiche Inschriften zu dokumentieren.
Die bisher wichtigsten Forschungen im Südwesten des Khawlan erfolgten Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts durch ein italienisches Team unter der Leitung von Alessandro de Maigret. Bei seinen Surveys in einem geographisch eng umgrenzten Gebiet und den folgenden Ausgrabungen an verschiedenen neu entdeckten Fundplätzen konnte ein bis dahin unbekannter Kulturhorizont des Jemen, die Bronzezeit, identifiziert werden. Ausgehend von diesen spektakulären Ergebnissen verlagerte sich die Forschungstätigkeit internationaler Teams in den Folgejahren deutlich von den Oasenkulturen der Eisenzeit vor allem zu den prähistorischen Kulturen des Landes. Im Khawlan selbst allerdings folgten vorerst keine weiteren archäologischen Arbeiten, bis 2009 die Außenstelle Sanaa basierend auf Studien des jemenitischen Epigraphikers Mohammed al-Salami mit großangelegten Surveys und Ausgrabungen in Tan'im die archäologische Forschung intensivierte.
Forschungsziele
Am Fundplatz Tan'im und im zentralen jemenitischen Hochland Khawlan erforscht die Außenstelle Sanaa die Siedlungsgeschichte der Region. Besonderer zeitlicher Schwerpunkt liegt dabei auf dem Übergang der Bronze- zur Eisenzeit (Ende 2./frühes 1. Jt. v. Chr.). Trotz intensiv geführter Diskussionen fehlen bisher jegliche Informationen zu den Fragen, ob es im jemenitischen Hochland eine Kontinuität von bronzezeitlichen Kulturen bis in die Eisenzeit gegeben hat oder ob externe Faktoren in Form von Migrationsprozessen einen entscheidenden Stimulus bei der Kulturentwicklung gespielt haben. Dabei ist neben einer genauen Analyse der materiellen Kultur der Fundplätze des Khawlan und deren Vergleich mit jener aus den Zentren des sabäischen Reiches eine Sammlung und Auswertung der altsüdarabischen Schriftquellen der Region vorgesehen.
Darüber hinaus untersucht die Außenstelle Sanaa in Tan'im beispielhaft Entwicklungsprozesse, die von der Gründung in frühsabäischer Zeit über die Verlagerung von Machtstrukturen ins Hochland in mittelsabäischer Zeit bis in die himyarische Zeit, die südarabische Spätantike, reichen. Hierfür werden detailliert alle antiken Befunde und Spolien dokumentiert und funktional sowie chronologisch ausgewertet.
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