Archäologie der Oasenstadt Tayma

Tayma, Saudi-Arabien: Zentrales Ruinengebiet, im Hintegrund die heutige Oase © DAI Orient-Abteilung // A. Hausleiter

Raum & Zeit

Während das ausgehende Neolithikum in Nordwestarabien durch mobile Lebensweisen gekennzeichnet ist, war die Oase Tayma spätestens ab dem frühen 3. Jt. v. Chr. dauerhaft besiedelt und verfügte über eine eigene Keramikproduktion. Zur gesellschaftlichen Organisation wurden unterschiedliche Hypothesen vorgetragen, die von einer urbanisierten Oase bis zu einem korporativ verfassten Gemeinwesen reichen, das für die Errichtung des ausgedehnten Mauersystems (ab dem frühen 3. Jt. v. Chr.), die Organisation der Landwirtschaft und der Errichtung eines Speichergebäudes verantwortlich war.

Ein wesentliches Merkmal von Tayma war die Konnektivität zu benachbarten Regionen, die sich in weitreichenden wirtschaftlichen und kulturellen Kontakten ab dem 4. Jt. v. Chr. manifestierte (Levante, Arabische Halbinsel) und im Laufe der Zeit das Interesse auswärtiger Mächte weckte. Neben einer Karneolperlenproduktion im Chalkolithikum sind bronzene Statuswaffen levantinischen Typs aus datierten Gräbern am Übergang von der Frühen- zur Mittleren Bronzezeit in Tayma nachgewiesen. Während die politische Rolle Ägyptens im Nordwestarabien der Spätbronzezeit unklar ist und vermutlich ökonomische Interessen im Vordergrund standen, versuchte Assyrien ab Tiglatpilesar III. über zwei Jahrhunderte hinweg erfolglos, seinen Einfluss auf Nordarabien zu stabilisieren. Assyrische Quellen berichten ab dem späten 8. Jh. v. Chr. über „Königinnen“ in Nordarabien. Im 6. Jh. v. Chr. versuchte Babylonien den Zugriff auf Arabien. Dies resultierte in der zehnjährigen Anwesenheit des letzten babylonischen Königs Nabu-na’id (556 – 539 v. Chr.) in Tayma (ab 552 v. Chr.) und dem Versuch der Kontrolle des Hejaz und seiner Oasen. Nabu-na‘id erwähnt dabei erstmals einen König von Tayma. Während er dort eine Stele und möglicherweise auch eine Statue errichtete, bestätigt ein Relief des Nabu-na’id mit Inschrift in der Oase al-Hayit nun die Lokalisierung des von ihm genannten Padakku.

Die gleichzeitigen taymanitischen Quellen liefern bislang kaum Hinweise für eine lokale oder regionale historische Rekonstruktion. Gesichert ist, dass Könige der Dynastie von Lihyan (5. – 2. Jh. v. Chr.) in Tayma Gouverneure einsetzten und monumentale Statuen im Tempel errichteten, wie das auch in Dadan der Fall war. Felsinschriften benennen überdies Konflikte zwischen diesen beiden Oasen, und die Siedlungsgröße von Tayma geht in dieser Zeit beträchtlich zurück. Durch die reichsaramäischen Inschriften aus Tayma wurde die lihyanische Königsliste wesentlich erweitert. In der nabatäischen Periode befand sich Tayma in der südöstlichen Peripherie der politischen Sphäre von Hegra, während der Einfluss der römischen provincia Arabia sich in der materiellen Kultur von Tayma widerspiegelt. Ab der Spätantike und der Islamisierung Nordwestarabiens, die mit der Vertreibung der literarisch bezeugten jüdischen Bevölkerung einhergeht, ist die Geschichte von Tayma vor allem durch die regionale Bedeutung der Oase charakterisiert.

Tayma liegt heute ca. 265 km südöstlich der Provinzhauptstadt Tabuk im Nordwesten der Arabischen Halbinsel am Ostrand des Hijaz. Die Lage in einem Becken sowie die spezifischen geologischen Bedingungen (sog. Tayma-Graben) gewährten Zugang zu oberflächennahen Aquiferen. Nördlich der Oase befand sich einst ein nahezu 20 km2 großer Paläo-See, der heute eine Salztonpfanne (sabkha) bildet. Die Sedimente decken einen Zeitraum zwischen 9.300 – 4.200 Jahren vor heute ab.

Hydrologische Untersuchungen zeigten, dass Tayma eine Grundwasseroase ist, für deren Bevölkerung stets genügend Wasser verfügbar war. Die Wasserquellen wurden über Brunnen erschlossen, und an mehreren Stellen wurden Hinweise auf Bewässerungsfeldbau entdeckt. Ein 8 ha großes Kanalbewässerungssystem, das vermutlich ab dem ausgehenden 2. Jt. v. Chr. in Betrieb war, liegt im Süden der ummauerten Oase. Die große Anzahl von Wasserstellen und Brunnen in der Region von Tayma weist darauf hin, dass sich dort in der Antike ein dichtes Versorgungsnetz für die Karawanen befunden haben könnte.