Leben und Sterben im spätantiken Karthago: Naturwissenschaftliche Untersuchungen an Skelettmaterial

Blick über römische Stadtvillen in einem vom 2. bis 7. Jh. besiedelten Wohnviertel in Karthago. © R. Bockmann // R. Bockmann

Ergebnisse

In einem ersten Projekt wurde eine Untersuchung von Kohlenstoff- und Stickstoffisotopen einer vandalenzeitlichen Nekropole am nördlichen Rand Karthagos untersucht. Hierbei handelt es sich um eine Pilotstudie - die erste Isotopenuntersuchung in Karthago, und die erste zur vandalischen Epoche in Nordafrika. Die Daten stammen von einer Nekropole, die sich unmittelbar an der spätantiken Stadtmauer befand und Ende der 1980er Jahre ausgegraben wurde. Der Hauptbelegungszeitraum der untersuchten Nekropole ist stratigraphisch sehr gut in die Zeit zwischen 425 und 535 datiert. Sie enthielt insgesamt 238 Bestattungen, von denen 70 Individuen beprobt wurden. 17 von diesen gehören der subadulten Altersgruppe an, 53 der adulten; von diesen waren 16 als männlich und 18 als weiblich identifizierbar. Zudem wurden 20 Tierknochen von acht verschiedenen Arten untersucht.

Die 13C-Werte, also die Werte, die das Verhältnis der stabilen Kohlenstoffisotopen in den Knochen der menschlichen Individuen anzeigen, und damit Rückschlüsse auf die Nahrungsgrundlagen zulassen, bewegen sich in einem relativ engen Raum, während die 15N-Werte, also das entsprechende Verhältnis für Stickstoff, stärkere Schwankungen zeigen. Die Daten deuten auf einen überwiegenden Anteil von Pflanzen in der Nahrung, die die sogenannte C3-Photosynthese betreiben (zum Beispiel Weizen, Roggen oder Gerste) und in gemäßigten Temperaturverhältnissen wachsen. Die vornehmlichen Proteinquellen waren terrestrischen Ursprungs. Acht Individen haben so geringe 15N-Werte, dass davon ausgegangen werden kann, dass sie überhaupt keinen Zugang zu tierischem Protein hatten. Drei erwachsene Individuen haben merklich höhere 15N-Werte als die anderen. Sie könnten entweder einen besonders hohen Anteil terrestrischen Proteins konsumiert haben, oder auch in einer hochariden Region, etwa dem Süden Tunesiens, aufgewachsen und nach Karthago migriert sein. Weitere Untersuchungen sollen diese Frage klären.

Insgesamt ist an der rekonstruierten Ernährungssituation der beprobten Individuen auffällig, dass marine Nahrungsquellen keine Rolle gespielt zu haben scheinen. Man kann wohl davon ausgehen, dass diese in der Hafenstadt Karthago im 5. Jh. ausreichend zur Verfügung standen, aber dass die in dieser Nekropole bestattete Bevölkerung keinen Zugang dazu hatte. Dies deutet auf eine stark stratifizierte Gesellschaft in der Stadt hin, wie man sie für eine Metropole dieser Größe auch erwarten würde.

Aufgrund des Erfolgs dieser Pilotstudie können weitere Untersuchungen an den anderen Individuen der Nekropole geplant werden, zudem sollen auch proteomische und aDNA-Untersuchungen durchgeführt werden, um weitere Daten zu Fragen der Migration und der Verwandtschaftsstrukturen innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe zu erheben. Das Projekt soll mit weiteren Partnern auf andere Nekropolen Karthagos im Bereich des südwestlichen Stadtquartiers ausgeweitet werden.