Pergamon und seine Mikroregion

Pergamon-Bergama: Ansicht mit hellenistischem Stadtberg (links) und der osmanischen Altstadt (rechts), die die römische Unterstadt überbaut hat. Im Vordergrund das Amphitheater. © DAI-IST // Ihsan Yeneroğlu

Raum & Zeit

Raum

Westliche Türkei, 110 km nördlich von İzmir, ca. 30 km von der Küste entfernt, am nördlichen Rand der Ebene des Flusses Bakırçay (antik: Kaikos) gelegen. Heutiger Ort: Bergama (ca. 105.000 Einwohner), am Fuße des Stadtberges des antiken Pergamon. Die antike Siedlung lag auf einem 330 m hohen Gebirgsausläufer und war vom 2. Jt. v. Chr. bis in die späte byzantinische Zeit (14. Jh. n. Chr.) in wechselnder Ausdehnung von Stadtmauern umgeben. Nur in der römischen Kaiserzeit dehnte sie sich ohne Befestigungsanlagen in der Ebene, dort wo heute die Stadt Bergama liegt, aus. Südwestlich vor der Stadt liegen die Ruinen des Asklepios-Heiligtums. Im Umland Pergamons ist ein breites Spektrum ländlicher Siedlungen bekannt, das von einzelnen Gehöften und kleinen Weilern bis hin zu reichen Landgütern, militärischen Festungen und befestigten Herrschersitzen reicht. Die Mikroregion umfasste zudem weitere städtische Siedlungen wie z. B. Atarneus oder Elaia, der Haupthafen Pergamons in hellenistischer Zeit. Die aktuellen Untersuchungen des DAI und seiner Partner sind räumlich breit angelegt und beziehen sich sowohl auf den Stadtberg Pergamons, die römische Unterstadt und den vorstädtischen Bereich als auch auf die gesamte Mikroregion, d. h. die Ebene des Bakırçay, die angrenzenden Gebirgszüge und die ägäische Küstenregion.

Zeit

Die ältesten Spuren von Siedlungstätigkeit auf dem Stadtberg von Pergamon reichen bis in das 2. Jahrtausend vor Chr. zurück, in der Mikroregion Pergamon konnten zuletzt noch wesentlich ältere Reste aus dem Chalkolithikum und der frühen Bronzezeit, dem späten Neolithikum und dem Epipaläolithikum  (ca. 12.000 und 10.000 v. Chr.) nachgewiesen werden. Damit rückt die Mikroregion Pergamon zunehmend auch ins Interesse der Prähistorie. Für die Eisenzeit ist die Quellenlage in der Mikroregion Pergamon weiterhin lückenhaft, hat sich in den letzten Jahren aber besonders für die Periode der persischen Herrschaft zwischen dem 6. bis 4. Jh. v. Chr. mit lokalen Dynastensitzen und mehreren Poleis (Städte) nach griechischem Vorbild grundlegend verbessert. Das 3. und 2. Jh. v. Chr. war die erste Blütezeit Pergamons, als unter der Dynastie der Attaliden die Stadt zu einer hellenistischer Herrscherresidenz ausgebaut wurde und zugleich die Mikroregion als ihr Kernterritorium gestaltet wurde. Da Pergamon anders als die meisten hellenistischen Residenzstädte nicht überbaut wurde, lag die besondere Aufmerksamkeit der Forschung auf seiner exemplarischen Bedeutung für die hellenistische Stadtkultur. Infolge neuer Schwerpunktsetzungen wird jedoch immer deutlicher, dass auch die kaiserzeitliche Stadt, die während des 2. Jhs. in einem in mehrfacher Hinsicht einzigartigen Bauprogramm ausgebaut wurde, ein überaus lohnender Forschungsgegenstand ist. Gleiches gilt für die Mikroregion, in der reiche Landsitze und Thermalbäder neben einfacher ländlicher Besiedlung entstanden. Für die Spätantike und die früh- mittelbyzantinische Zeit (5.-12. Jh.) ist die Quellenlage weiterhin spärlich, wobei auch hier zuletzt in Stadt und Mikroregion wichtige neue Einblicke gelungen sind. Das 12. bis 14. Jh. ist hingegen wieder gut überliefert und bezeugt eine militärisch gut gesicherte Landstadt, die im frühen 14. Jh. in die Hand der türkischen Eroberer fiel. Danach wurde der Stadtberg langsam verlassen und die Stadt konzentrierte sich bis heute auf die Ebene, wo sich ein besonders vollständiges Ensemble osmanischer Kult- und Zweckbauten auf kleinstädtischem Niveau erhalten haben.