Fernerkundung im Orchontal

Im Jahr 2018 führte die Mongolisch-Deutsche Orchon-Expedition in Zusammenarbeit mit Archaeocopter (HTW Dresden, Freie Universität Berlin) erfolgreich großflächige Geländeaufnahmen an der Uighurischen Hauptstadt Karabalgasun und der altmongolischen Hauptstadt Karakorum durch.

Eine der bei der Fernerkundung des Orkhon-Tals eingesetzten Drohnen. © DAI KAAK // N. Görsch

DAI Standort  Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen

Laufzeit  seit 2018

Projektverantwortlicher  Dr. Christina Franken, Janna Fabry

Adresse  Dürenstr. 35-37 , 53173 Bonn

Email  Christina.Franken@dainst.de

Laufzeit  seit 2018

Partner  Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, Fakultät Geoinformation, Labor Photogrammetrie/Fernerkundung

Projekt-ID  2896

Permalink  https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/4710239

Überblick

Aufgrund der globalhistorischen Bedeutung der antiken Stätten im Orchon-Tal wurde die gesamte Region 2004 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Dies stellt Forscher, Institutionen und andere Akteure vor große Herausforderungen: das Erbe zu erforschen, zu schützen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In der Region befinden sich archäologische Denkmäler, die von der menschlichen Besiedlung der Steppe, der Entwicklung einer weitläufig vernetzten Elite und der Bildung von Staaten und Großreichen auf dem Fundament einer vorwiegend nomadisch geprägten Wirtschaftsweise zeugen. Besonders hervorzuheben sind die Stadtwüstungen der Städte Ordu Balik und Karakorum, die im Mittelalter wichtige urbane Zentren des Uighurischen bzw. Mongolischen Reiches waren.

Trotz grundlegender Informationen, die aus historischen Quellen gewonnen wurden, werfen Geschichte, Struktur und Funktionen der Steppenhauptstädte noch immer viele Fragen auf. Die älteren Ausgrabungen haben sich häufig auf die monumentale Architektur wie Paläste und Tempel konzentriert, während die Forschung über die Gesamtstruktur der Städte und ihres Hinterlandes noch in den Kinderschuhen steckt. Um dieser Frage nachzugehen, begannen mongolisch-deutsche Verbundforschungsprojekte mit Surveys und Ausgrabungen in Karakorum im Jahr 2000 und in Karabalgasun im Jahr 2007. Detaillierte Pläne der antiken Überreste an der Oberfläche sind eine entscheidende Voraussetzung für die weitere Erforschung und das Verständnis der Steppenstädte. Für Karakorum wurde bereits ein digitales Oberflächenmodell durch geodätische Vermessung mit einer Totalstation erfasst, mit deren Hilfe über 80.000 Punkte akribisch vermessen wurden. Das viel größere Gelände von Karabalgasun wurde 2007 mit Airborne LiDaR Technik per Hubschrauber vermessen. Die Steppe bietet aufgrund ihrer spärlichen Vegetation und Besiedlung nahezu perfekte Bedingungen für Fernerkundungstechniken. Der Scan deckte ein Gebiet von etwa 40 km² ab, von denen 20 km² gefüllt waren mit ummauerten Einfriedungen und Hügeln, die die Überreste der ehemaligen Siedlung darstellten. Obwohl der Scan viel von der Stätte enthüllte, bewies er auch, dass diese sich noch weiter ausdehnte, insbesondere nach Norden und Westen.

Allerdings sind LiDaR und geodätische Surveys zu Fuß kostspielig, weshalb die untersuchten Gebiete begrenzt waren. Da sich die Forschung an städtischen Standorten in der Steppe immer mehr für Fragen des städtischen Hinterlandes, der Zersiedelung und der weiträumigen Siedlungsmuster interessiert, sind detaillierte Kartierungen großflächiger Gebiete erforderlich. Dies stellt die Herausforderung dar, große Gebiete in kurzer Zeit mit erschwinglichen Geräten zu vermessen und die gesammelten Daten für die wissenschaftliche Analyse aufzubereiten.

Deshalb wurde Satellitenfernerkundung angewandt, um die volle Ausdehnung von Karabalgasun zu erfassen. SENTINEL-2 Satellitenbilder, die für wissenschaftliche Zwecke bei Copernicus Open Access Hub frei verfügbar sind und vom RapidEye Science Archive zur Verfügung gestellte Bilddatensätze ermöglichten die Untersuchung des Gebietes über multispektrale Daten mit Auflösungen zwischen 6 und 10 m pro Pixel. Die Satellitenbilder zeigten nur größere Einfriedungen deutlich, während kleinere Strukturen undeutlich oder unsichtbar blieben. Zwei Bereiche waren besonders interessant. Nördlich der bereits bekannten Stätte, in der Nähe der Überschwemmungsebene des Orchon, zeigten die Sentinel-Bilder einige obskure rechteckige Strukturen. Wenn nachgewiesen werden könnte, dass es sich um ehemalige Gebäude handelt, würde dies das ursprüngliche Bild von der Ausdehnung der Stadt erheblich verändern. Ein anderes interessantes Gebiet lag westlich der Flächen, die von den Laser-Scan-Bildern abgedeckt wurden. Auf den Satellitenbildern sind mehrere ummauerte Gehege, die entlang des Jarantain Gol, einem kleinen Nebenfluss des Orchon-Flusses liegen, sichtbar. Dies warf die Frage auf, ob es auch dort, vergleichbar mit anderen Bereichen der Stadt, durchgehende Bebauung mit kleineren Gebäuden und Einfriedungen gibt oder ob es sich nur um isolierte Außenposten der Stadt handelt. Die Analyse der Satellitenbilder lieferte uns eine Grundlage für die weitere Planung von Fernerkundungsaktivitäten auf dem Gelände. Als sich die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit dem Projekt “Archaeocopter” der HTW Dresden und der FU Berlin ergab, wurden folgende Untersuchungsschwerpunkte bestimmt:

1. An die Stadt Karabalgasun angrenzende Gebiete, mit dem Ziel der Vervollständigung der

Kartierung des Standorts in den Gebieten, in denen laut Satellitenbildern weitere archäologische Überreste erwartet werden können.

2. Die Stätte von Karakorum und ihre unmittelbare Umgebung zur Verfeinerung des digitalen Höhenmodells und zur Ausdehnung des Untersuchungsgebietes über die erkennbaren Wälle der Stadt hinaus sowie zur Erstellung einer detaillierten Kartierung des Gebietes des Klosters Erdene Zuu. 

Das Team
Das Team © DAI KAAK // N. Görsch
Der alte LiDAR Scan-Plan und daneben die Pläne für die weitere Fernerkundung der abgesteckten Gebiete
Der alte LiDAR Scan-Plan und daneben die Pläne für die weitere Fernerkundung der abgesteckten Gebiete © DAI KAAK // N. Görsch
Die Routen für die Befliegung sind vorprogrammiert, sodass die Drohne in der Luft auf Autopilot arbeitet
Die Routen für die Befliegung sind vorprogrammiert, sodass die Drohne in der Luft auf Autopilot arbeitet. © DAI KAAK // N. Görsch
Die sichere Landung einer Drohne nach der Befliegung.
Die sichere Landung einer Drohne nach der Befliegung. © DAI KAAK // N. Görsch
Eine der Drohnen, die bei der Fernerkundung des Orchontals genutzt werden.
Eine der Drohnen, die bei der Fernerkundung des Orchontals genutzt werden. © DAI KAAK // N. Görsch
Eine Drohne fliegt über den Palastbezirk von Karabalgasun und macht Foto- und Videoaufnahmen des Areals.
Eine Drohne fliegt über den Palastbezirk von Karabalgasun und macht Foto- und Videoaufnahmen des Areals. © DAI KAAK // M. Block-Berlitz
Im Jahr 2007 wurde mit Hilfe eines Hubschraubers ein LiDAR-Scan angefertigt.
Im Jahr 2007 wurde mit Hilfe eines Hubschraubers ein LiDAR-Scan angefertigt. © DAI KAAK // A. Rieger
Im Licht und Schattenwurf der tief stehenden Sonne sind die erhaltenen Strukturen umso besser zu erkennen
Im Licht und Schattenwurf der tief stehenden Sonne sind die erhaltenen Strukturen umso besser zu erkennen © DAI KAAK // M. Block-Berlitz