Ein unvergessliches Jahr in Ägypten
Im vergangenen Jahr feierte „kulturweit“, der vom Auswärtigen Amt geförderte Freiwilligendienst der Deutschen UNESCO-Kommission sein 15-jähriges Jubiläum. Seit 2009 ermöglicht das Outgoing-Programm jungen Menschen aus Deutschland ein Freiwilliges Soziales Jahr im internationalen Netzwerk der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik – auch in den Auslandsstandorten des DAI in Rom, Athen, Madrid und Kairo. Noch bis zum 12. Januar 2026 können sich alle, die über 18 Jahre alt sind auf www.kulturweit.de für ein Jahr im Ausland ab dem 1. September 2026 bewerben.
Im September 2024 hat Jolande Braun ihr „kulturweit“-Jahr in der Abteilung Kairo des DAI angetreten und dort den archäologischen Forschungsalltag zwischen Ausgrabung, Bibliothek und Archiv aus erster Hand erfahren und mitgestalten können. Das hat am Ende gar so viel Eindruck hinterlassen, dass sie dem Fach treu geblieben ist und, inzwischen zurück in Deutschland, ein Archäologiestudium aufgenommen hat. Hier berichtet sie von ihren Eindrücken aus Ägypten.
Dahschur: Rote Pyramide und Knickpyramide © // Jolande Braun
Ich öffne die Tür des Wagens, heiße und trockene Luft schlägt mir entgegen. Ich nehme den Geruch von Sand und Wüste wahr. Der Wind fegt mir entgegen und ich betrete ein Plateau, welches nicht nur mich, sondern auch tausende Tonnen von Stein trägt. Ich hebe meinen Blick und vor mir eröffnet sich eine Weite, aus der sich zwei gigantische Bauwerke erheben. Ich stehe an einem Ort, welcher eine so kräftige und ehrfürchtige Atmosphäre hat, dass jeder für einen Moment gezwungen ist innezuhalten. Das Bild der Nekropole, in der ich mich befinde, wird vor allem durch die ca. 2 km auseinanderliegenden Pyramiden geprägt. Die Rote Pyramide und die Knickpyramide. Dahschur ist für mich ein Ort der Ruhe und der Faszination. Es tummeln sich nur wenige Tourist:innen an diesem Ort und es wirkt fast noch wie vor etwa 4.600 Jahren. Ich bin Jolande und konnte durch meinen Freiwilligendienst sehr viele Einblicke, nicht nur in die Arbeit von Archäolog:innen, sondern vor allem in die Kultur Ägyptens gewinnen. Von September 2024 bis zum August 2025 habe ich meinen Freiwilligendienst mit kulturweit in Kairo, Ägypten, am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) absolviert. Über das ganze Jahr konnte ich sowohl in Kairo als auch an verschiedenen Standorten in Ägypten mitarbeiten und aushelfen. Ich habe die Grabungshäuser in Siwa, Luxor, Assuan/Elephantine und Buto besucht. Jedes Mal ein neuer Ort mit neuen Aufgaben, neuen Menschen und so vielen neuen Eindrücken.
Kairo: Blick von der Zitadelle © // Jolande Braun
Die Zeit in Kairo war erlebnisreich und spannend. Archiv und Bibliothek waren mein zweites Zuhause und ich habe mich dort durch sämtliche Grabungsdokumentationen gelesen und gearbeitet. Neben Ausflügen in Museen und archäologischen Stätten, war auch Zeit für Urlaub am Meer.
Siwa: Blick vom Gebel Takur © // Jolande Braun
Siwa, eine Oase der Besonderheiten hat mich am meisten beeindruckt. Ich hatte vorher noch nie eine Oase gesehen und war von den Dattelpalmen, den Salzseen und der archäologischen Vielfalt sehr beeindruckt. Das Grabungshaus an einem Berg war der perfekte Aussichtspunkt, um auf die Oase blicken zu können.
Luxor: Grab des Ramses IV © // Jolande Braun
Luxor, wohl der zweitberühmteste Ort in Ägypten, zu dem die Touristen nur so hinströmen. Während der Arbeit dort, konnte ich viel genauere Einblicke in die archäologischen Stätten erhalten als wohl jeder Tourist, der sich nur Zeit für ein Foto nimmt. Dabei ist doch die Zeit das wesentliche, die Orte nicht nur als Attraktion zu sehen, sondern auch als Orte der Vergangenheit. Zu viel ist in und um Luxor zu entdecken, so dass ich nach drei Besuchen dort immer noch nicht alles sehen konnte.
Ich denke es gibt keinen anderen Ort, an dem sich die Arbeit fast wie Urlaub anfühlt, wie in Elephantine/Assuan. Um dich herum ist der Nil, auf der einen Seite die Wüste und auf der anderen Assuan. Nach Assuan bin ich nur wenig gekommen, weil Elephantine etwas zu gemütlich war.
Buto, gemeinsam mit den französischen Kooperationspartnern der Universität Paris-Nanterre und des Institut Français d'Archéologie Orientale (IFAO) habe ich dort ausgegraben und hatte die größte Freude meines Lebens! Trotz des frühen Aufstehens schon um 5:30 Uhr und einem Nickerchen nach der Arbeit ging es manchmal auch nachmittags noch weiter. Mindestens mit einem Spaziergang durch das Areal und der Erkundung der archäologischen Stätte.
Jeder dieser Orte bietet so viele Geschichten und Erlebnisse, die ich hier nicht alle erzählen kann. Zusammengefasst kann ich aber sagen, dass jeder dieser Orte ein Highlight in diesem Jahr war und es immer etwas besonderes war, wenn ich zu einem neuen Ort in Ägypten reisen durfte (manchmal sogar mehrere Male).
Zurück in Deutschland war alles erstmal wieder komisch. Es war kalt, weniger Sonne und vor allem weniger Archäologie! Ich musste mich um einen Studienplatz, eine Wohnung, den Umzug, Verwandtenbesuch und vieles mehr kümmern. Trotzdem hatte ich die Perspektive wieder in die Archäologie zurückkehren zu können, da ich mich für ein Studium in Kiel in Prähistorischer und Historischer Archäologie entschieden habe.
Ich schaue auf dieses Jahr mit Sehnsucht zurück und freue mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich etwas aus Ägypten höre. Für mich war es nicht nur ein „Auslandsjahr“, sondern eine Erfüllung meiner Wünsche und jedes Mal, wenn ich zurückdenke, wird mir warm ums Herz.




