CiVers: Versionierte Webzitation leicht gemacht
„Wie soll man das richtig zitieren?“ – Diese Frage stellt sich jede Person, die wissenschaftlich arbeitet, irgendwann einmal. Vor Internet und Online-Recherchen war die Zitierbarkeit wissenschaftlicher Quellen eine meist gradlinige Angelegenheit, vorausgesetzt, man befolgte entsprechende Richtlinien – im digitalen Raum verschwimmen deren Grenzen aber häufig.
Ein besonderes Problem stellt dabei die sogenannte Persistenz von Webressourcen dar. Das bedeutet, im Gegensatz zum Auflagensystem analoger Literatur kann eine Webressource in einer Datenbank, wie z. B. der Eintrag eines Fundobjekts auf iDAI.objects, im Handumdrehen verändert werden. Und das passiert nicht selten. Hat man nun eine Webressource mittels URL zitiert, die aber danach noch einmal geändert wird, verweist das Zitat nicht mehr auf die ursprünglich zitierte Version der Webressource. Manche URL ist gar irgendwann überhaupt nicht mehr auffindbar. Für die wissenschaftliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit ergeben sich daraus selbstverständlich Probleme.
CiVers ist eine Service-Software, die unter der Leitung der Zentralen Wissenschaftlichen Dienste (ZWD) des DAI und mit der Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bis 2027 entwickelt wird. Zum Projekt gehören Dr. Marcel Riedel (Manager für Content- und Data-Publishing), Giulia Russo (Mitarbeiterin im Projektmanagement), Fabian Riebschlaeger (Leiter Forschungsdatenmanagement), Simon Hohl (Referent für Archäoinformatik) und Ammar Saeed (Softwareentwickler für CiVers), die dazu auch bereits einen einführenden Aufsatz veröffentlicht haben. Der Name, „CiVers“, steht für „Citation of Versioned Web Pages by PID“. PIDs, das sind sogenannte Persistent Identifiers, z. B. der DOI eines Fachartikels.
Schema zur Funktionsweise von CiVers: Mit dem Web-Interface von CiVers kann eine Kopie der vorliegenden Webressource (z. B. eine Website in einer Forschungsdatenbank) erstellt und archiviert werden; und zwar in separaten Versionen, die jeweils einen eigenen DOI zugeteilt bekommen. Dadurch ist eine nachhaltige Zitierbarkeit gewährleistet. © DAI// Lukas J. Grüning
Wie genau aber kann CiVers nun Abhilfe für das geschilderte Persistenzproblem schaffen? Kurz gesagt: Durch CiVers können Webressourcen aus einer Forschungsdatenbank mit nur einem Klick archiviert werden. Das ist aber noch nicht alles. Denn bei einer sukzessiven Nutzung mit derselben Webressource erfolgt das sogar versioniert. Das heißt, CiVers prüft, ob sich die Webressource seit der letzten Archivierung verändert hat und erstellt dann automatisch eine Kopie dieser neuen Version. Diese Kopie wird in einem eigenen Archiv gespeichert und erhält hier einen eindeutigen DOI, der dann zum Zitieren verwendet werden kann.
Im Sinne einer nachhaltigen Nutzung werden DOIs dabei nur on demand generiert und nicht etwa präventiv für die gesamte Datenbank. Ein DOI entsteht also erst in dem Moment, wenn eine Webressource zum ersten Mal unter Verwendung von CiVers zitiert wird. Das spart Platz im Archiv. Es handelt sich demnach um ein Zwillingssystem, welches aus einem digitalen Archiv und einem Web-Interface besteht. Durch diese ausgeklügelte Infrastruktur ist gewährleistet, dass zuvor zitierte Versionen einsehbar und somit nachvollziehbar bleiben, auch wenn es zwischenzeitlich Updates in der Webressource gab.
CiVers wird für Forschende wie auch wissenschaftliche Institutionen mit Webdatenbanken entwickelt. Für Erstere bietet es zum einen die Möglichkeit, ganz einfach Webzitationen mit transparenter Nachvollziehbarkeit zu erstellen. Zum anderen erlaubt die intuitive Handhabung durch ein einzelnes Widget einen fokussierten Workflow bei der Recherche. Zusätzlich ist Webarchivierung ein inhärent demokratisierendes Verfahren: Öffentlich geschaltete Informationen, die später gelöscht oder geändert werden, bleiben so der Allgemeinheit dennoch stets zugänglich.
Zu Beginn des Workshops gab Dr. Marcel Riedel eine Einführung in das Vorhaben von CiVers und die bisherigen Schritte samt einer Roadmap für die Zukunft. © DAI// Lukas J. Grüning
Auf Seiten altertumswissenschaftlicher Institutionen mit Webdatenbanken hat CiVers in der Tat bereits Interesse geweckt. Das zeigte sich auf dem ersten CiVers-Workshop, der am 14. Oktober 2025 in der Zentrale des DAI in Berlin hybrid ausgerichtet wurde. An ihm nahmen Kolleginnen und Kollegen aus dem DAI sowie externen Institutionen und ihren Projekten teil, um mehr über CiVers zu erfahren: NFDI4Objects, PID4NFDI, Make Data Count, Propylaeum, museum-digital, ikmk.net, Corpus Nummorum, Kenom, Viamus2 (s. Slider unten).
Juliane Watson sprach im Rahmen von NFDI4Objects über die Abgrenzung zwischen Forschungsdatenrepositorien und Forschungsdatenbanken, für die CiVers schließlich unter anderem entwickelt wird. © DAI// Lukas J. Grüning
Neben den Vorträgen des CiVers-Teams bot der Workshop zudem ausdrücklich die Möglichkeit, eigene Bedürfnisse und Ansprüche in Vorträgen zu formulieren. In fruchtbaren Diskussionen sowohl im Konferenzsaal als auch beim Kaffee am Buffet, während der Mittagspause und nach dem Workshop konnten viele Erkenntnisse rund um den Nutzen und die Implementierung der CiVers-Software ausgetauscht werden – wie z. B. die Erkenntnis, dass ihre Implementierung eines nur minimalinvasiven Eingriffs im jeweiligen Datenbanksystem bedarf.
Nach dem offiziellen Ende des Workshops war das Interesse an CiVers groß und so auch der Gesprächsbedarf. © DAI// Lukas J. Grüning
Ein Eingriff, der sich vielfach auszahlt: Zunächst archiviert CiVers die Inhalte einer Datenbank für die jeweilige Institution – aber nicht nur als einfaches Backup zur Datensicherung, sondern sogar in versionierter Form. Mittels besagter DOIs werden außerdem standardisierte und gut bekannte Zitierformen eingeführt, was zur Verbesserung der Zitierbarkeit dieser Inhalte beiträgt. Durch die so erzeugten bibliographischen Metadaten werden die Webressourcen außerdem leichter auffindbar, weil sie durch diese automatisch mit anderen Webressourcen (z. B. Fachartikel) verknüpft werden können.
Nach dem erfolgreichen Workshop fanden sich bereits einige neue Partner für eine weitere Kooperation. Als nächstes steht dafür buchstäblich eine „CiVersifikation“ der Fachsysteme auf dem Programm. DAI-intern wird das gerade intensiv mit iDAI.objects und iDAI.field erprobt. Beide Systeme bieten sich schon allein aufgrund ihres Datenbestands ideal dafür an. Für die Zukunft denkt das Team hinter CiVers aber größer. Man wird sich also auf manch spannende Entwicklung freuen dürfen.
Für aktuelle Informationen zu CiVers: @civers@social.bund.de (Mastodon).




