Geteilte Vergangenheit – die Beschlagnahmung des Deutschen Archäologischen Instituts 1944 und das Archäologische Nationalmuseum Athen

Collage Archivmaterial © DAI Athen // P. Koris

Forschung

Forschungsgeschichte

Vom Abzug der deutschen Besatzungstruppen im Oktober 1944 bis zu seiner Restituierung im Juni 1951 stand das Dienstgebäude des DAI Athen unter griechischer Verwaltung. Während dieser Zeit gelangten zahlreiche schriftliche und fotografische Dokumente sowie antike Objekte in das Athener Nationalmuseum. Auf Einladung der Kolleginnen und Kollegen des Nationalmuseums konnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DAI im Juni 2023 erstmals einen Teil dieser Materialien in Augenschein nehmen. Schon bei dieser Erstsichtung zeigte sich, dass die Bestände aus zwei Beschlagnahmungen stammen: einerseits aus dem DAI selbst, andererseits aus dem Privathaus des damaligen Direktors und NSDAP-Landesgruppenleiters Walther Wrede.

Ansätze und Methoden

Dank der Förderung durch das Kulturerhalt-Programm des Auswärtigen Amts im Jahr 2024 wurde ein gemeinsames Projekt mit dem HNAM initiiert, um die während der griechischen Verwaltung ins Museum gelangten Materialien systematisch zu erfassen. Unter Leitung der Archäologin Dr. Maria Spathi und des Neuzeithistorikers Dr. Petros Koris wurden alle Objekte und Dokumente gemeinsam mit den HNAM-Mitarbeitenden gesichtet und zweisprachig (Deutsch/Griechisch) in Excel-Listen mit Metadaten erfasst. Die Archivalien wurden vollständig und in hoher Auflösung digitalisiert (verantwortlich: Archivarin Katerina Apostolatou). Für die Archivalien wurde außerdem eine hierarchische Struktur erarbeitet.

Forschungziele

Ziel des Projekts ist die Konservierung, Digitalisierung und historische Kontextualisierung des oben beschriebenen Konvoluts. Das Projekt beinhaltet Sichtung, Aufarbeitung, Restaurierung, Dokumentation, Digitalisierung und Publikation der antiken Objekte sowie der historischen Archivalien, insbesondere Schriftstücke und Fotografien. Die Ergebnisse der Projektarbeit sollen sowohl in wissenschaftlichen Publikationen als auch in einer gemeinsamen Ausstellung mit dem HNAM präsentiert werden.

Ziel des Projekts ist es, die Herkunft (Provenienz) der während der Besatzungszeit beschlagnahmten Materialien zu klären und ihre wissenschaftliche Erschließung vorzubereiten. Da im HNAM sämtliche Stücke ursprünglich einheitlich als aus dem DAI stammend verzeichnet waren, ist eine präzise Unterscheidung zwischen Beständen aus dem Institut und jenen aus Wredes Privatbesitz ein zentrales Anliegen. Darüber hinaus sollen Umfang und Zusammensetzung des Materials dokumentiert und die Beziehungen zwischen Wissenschaft, Kulturpolitik und nationalsozialistischen Netzwerken in Griechenland untersucht werden.

Fragestellung

Die zentrale Frage des Projekts lautet, in welchem Umfang und mit welchen Motiven während der deutschen Besatzungszeit Objekte und Dokumente aus dem DAI Athen und aus Wredes Privatbesitz beschlagnahmt wurden und wie diese Vorgänge institutionell, politisch und persönlich verknüpft waren.
Weitere Teilfragen betreffen die Rolle des damaligen Direktors Walther Wrede im wissenschaftlichen und politischen Kontext, die Funktion des DAI als kulturelle Institution im besetzten Griechenland sowie die spätere Verwaltung und Rezeption dieser Materialien nach 1944.

Fundkiste Beschlagnahmung NAM
Fundkiste Beschlagnahmung NAM © DAI Athen // Ulrike Schulz
Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen DAI Athen und Archäologischem Nationalmuseum
Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen DAI Athen und Archäologischem Nationalmuseum (Katja Sporn und Anna Karapanagiotou) © DAI Athen // Ulrike Schulz
Gespräch im Nationalmuseum
Gespräch im Nationalmuseum © DAI Athen // Ulrike Schulz
Gruppenbild bei Kooperationsvertragsunterzeichnung Im Dezember 2024
Gruppenbild bei Kooperationsvertragsunterzeichnung Im Dezember 2024 © DAI Athen // Ulrike Schulz
Katja Sporn und Georgos Kavvadias bei der Begutachtung von Fundstücken im Nationalmuseum
Katja Sporn und Georgos Kavvadias bei der Begutachtung von Fundstücken im Nationalmuseum © DAI Athen // Ulrike Schulz
Projektbesprechung
Projektbesprechung © DAI Athen // Ulrike Schulz
Projektbesprechung Oktober 2025
Projektbesprechung Oktober 2025 © DAI Athen // Ulrike Schulz
Workshop im Dezember 2024
Workshop im Dezember 2024 © DAI Athen // Ulrike Schulz
Gruppenbild beim Workshop im Dezember 2024
Gruppenbild beim Workshop im Dezember 2024 © DAI Athen // Ulrike Schulz
Katja Sporn bei ihrem Vortrag auf dem Workshop im Dezember 2024
Katja Sporn bei ihrem Vortrag auf dem Workshop im Dezember 2024 © DAI Athen // Ulrike Schulz