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Europas ältestes blaues Pigment in Deutschland entdeckt

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Mikroskopische Aufnahme blauer Pigmente auf einem Steinartefakt aus Mühlheim-Dietesheim © Wisher et al. 2025 // Izzy Wisher

19.11.2025 | Römisch-Germanische Kommission

Neue Einblicke in die frühen prähistorischen Ursprünge von Kunst und Kreativität: eine neue Studie hat die früheste bekannte Verwendung von blauem Pigment in Europa identifiziert.

Im Stadtmuseum Mühlheim (Offenbach am Main) ist derzeit „Europas ältester Farbtopf“ zu sehen: In einer bahnbrechenden Entdeckung, die neue Einblicke in die frühen prähistorischen Ursprünge von Kunst und Kreativität gewährt, hat eine neue Studie unter der Leitung von Forschern der Universität Aarhus und Mitarbeit von Th. Birndorfer von der Römisch-Germanischen Kommission des DAI die früheste bekannte Verwendung von blauem Pigment in Europa identifiziert.

An der spätpaläolithischen Fundstelle Mühlheim-Dietesheim in der Nähe von Frankfurt am Main fanden Archäologen Spuren eines blauen Rückstands auf einem etwa 13.000 Jahre alten Steinartefakt. Ausgangslage war die geoarchäologisch fokussierte Neugrabung (2023) des bereits bekannten Fundplatzes unter der Leitung von Prof. Dr. F. Riede (Aarhus Universität) und Dr. Th. Birndorfer (DAI, RGK Frankfurt). Mithilfe einer Reihe naturwissenschaftlicher Analysen konnte bestätigt werden, dass es sich bei den Spuren um das blaue Mineralpigment Azurit handelte, das zuvor in der altsteinzeitlichen Kunst Europas noch nie nachgewiesen worden war.

Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass paläolithische Künstler überwiegend rote und schwarze Pigmente verwendeten – praktisch keine anderen Farben sind in der Kunst dieser Zeit bekannt. Man vermutete, dass dies auf einen Mangel an blauen Mineralien oder eine begrenzte visuelle Attraktivität zurückzuführen sei. Angesichts des Fehlens von blauer Farbe in der paläolithischen Kunst deutet diese neue Entdeckung darauf hin, dass blaue Pigmente entweder zur Körperbemalung oder zum Färben von Stoffen verwendet worden sein könnten – Aktivitäten, die nur wenige archäologische Spuren hinterlassen.

Nach Izzy Wisher vom Department of Archaeology and Cultural Heritage Studies an der Aarhus University, der Hauptautorin, zeigt die Auffindung von Azurit, dass die Menschen der Altsteinzeit über fundierte Kenntnisse über Mineralpigmente verfügten und Zugang zu einer viel breiteren Farbpalette hatten, als bisher bekannt – und dass möglicherweise bestimmte Farben selektiv einsetzten wurden.

Der Sandstein mit den Azurit-Spuren wurde ursprünglich für eine Öllampe gehalten. Durch die nun durchgeführten Analysen scheint es sich dabei jedoch um eine Mischfläche oder Palette zur Herstellung blauer Pigmente gehandelt zu haben – ein Hinweis auf künstlerische oder kosmetische Traditionen, die heute weitgehend unbekannt sind.

Die Funde regen zu einem Umdenken in Bezug auf die paläolithische Kunst und Farbverwendung an und eröffnen neue Wege, um zu erforschen, wie die frühen Menschen Identität, Status und Überzeugungen durch Materialien ausdrückten, die weitaus vielfältiger und lebendiger waren als bisher angenommen.

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Rasmus Andreasen, James Scott und Christof Pearce vom Institut für Geowissenschaften der Universität Aarhus sowie Thomas Birch, der sowohl dem Institut für Geowissenschaften der AU als auch dem Nationalmuseum Dänemarks angehört, und Kollegen aus Deutschland, Schweden und Frankreich durchgeführt.

Die vollständige Studie ist in Antiquity veröffentlicht:

https://doi.org/10.15184/aqy.2025.10184

Aarhus Universität. (2025, 29. September). Europe's oldest blue pigment found in Germany [Pressemitteilung]. cas.au.dk/en/currently/news/show/artikel/forskere-fra-aarhus-finder-europas-aeldste-blaa-pigment-i-tyskland

Der Fund mit Spuren des blauen Pigments stammt aus Mühlheim-Dietesheim, Deutschland (Wisher et al. 2025). Wisher et al. 2025 // Izzy Wisher
Paläolithisches Steinartefakt aus Mühlheim-Dietesheim mit Spuren von Azurit (Wisher et al. 2025). (Wisher et al. 2025) // Izzy Wisher

Kontakt
Dr. Thomas Birndorfer , Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Thomas.Birndorfer@dainst.de

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